Arthroskopische und offene Rekonstruktion der Rotatorenmanschette

Einrisse und Defekte der Rotatorenmanschette

 

Durch ein Unfallereignis oder aber durch zunehmenden Verschleiß infolge hoher mechanischer Beanspruchung kann es zu einem Riss einer oder mehrerer Sehnen kommen. Die Häufigkeit von Rotatorenmanschetten-Defekten steigt mit zunehmendem Alter, so dass man früher annahm, dass diese Erkrankung einen altersbedingten Verschleiß darstellt, der keiner besonderen Behandlung bedarf.

Die Ausprägung der Schäden reicht dabei vom partiellen (=teilweisen) Sehnendefekt bis zum massiven Abriss mit fortgeschrittener fettiger Degeneration (Umwandlung) der Muskulatur und sekundärer Omarthrose (Verschleiß des Schultergelenkes). Daher muss die Palette der Behandlungsverfahren alle Möglichkeiten der konservativen Therapie, der verschiedensten endoskopischen (=im Gelenk auch: arthroskopischen) Verfahren, offenen Rekonstruktionen und Muskeltranspositionen bis zum künstlichen Gelenkersatz beinhalten.

Das Operationsverfahren der Wahl bei wenig fortgeschrittenen, kompletten Sehnendefekten bzw. Sehnenrissen stellt derzeit die lokale Rekonstruktion (Naht) mit Ausschaltung aller beteiligten Schmerzquellen im benachbarten Gleitraum und dem Gelenk dar. Auch wenn beschwerdearme Verläufe bei kleineren Sehnendefekten möglich sind, ergibt sich aus dem möglichen Fortschreiten zu irreparablen Defektzuständen nahezu zwangsläufig die Forderung nach einer frühzeitigen Diagnostik und operativen Rekonstruktion, vor allem dann, wenn ein Trauma ( = Unfall) die Ursache ist und das Lebensalter unter 60 ist. Bei älteren Menschen ist man aufgrund der höheren OP-Risiken und geringeren Funktionsansprüche etwas zurückhaltender.  In den meisten Fällen ist jedoch bei anhaltenden Beschwerden die Naht der Sehnen erforderlich.

 

Behandlungsziel, Nachbehandlung und Arbeitsunfähigkeit

 

Vor der Operation muss an der Schulter eine sehr subtile klinische Diagnostik durchgeführt werden, da an diesem Gelenk viele Strukturen eng aneinander liegen und sich die Beschwerdebilder stark überschneiden können. Individuell abgestuft müssen im Vorfeld der Operation bildgebende Diagnoseverfahren wie die Sonografie ( = Ultraschalluntersuchung), Röntgen und Kernspintomografie ( MRT ) durchgeführt werden, um die optimale Therapie auszuwählen. Bei uns wird insbesondere die Ultraschalluntersuchung und Röntgendiagnostik vor Ort durchgeführt. Für besondere Fragestellungen besteht eine enge Zusammenarbeit mit den Radiologen.

Arthroskopische und offene Rekonstruktion der Rotatorenmanschette
– Behandlungsziel

Ziel der operativen Behandlung ist die Wiedererlangung der Kraft und Beweglichkeit sowie die Schmerzausschaltung. Das operative Vorgehen richtet sich nach der individuellen Situation. Je nach Lokalisation, Ausmaß und Alter des Risses wird eine Naht bzw. Refixation der Sehne am Oberarmknochen in arthroskopischer oder offener Technik angestrebt. Kann der Riss nicht arthroskopisch genäht werden, muss auf ein offenes Verfahren ausgewichen werden. Zusätzlich wird oft der Raum unter dem Schulterdach erweitert ( = Akromioplastik ), da ansonsten die Nahtstelle unter dem Schulterdach aufgerieben wird.

Fälle mit veralteten Rupturen, bei denen bereits eine fettige Degeneration ( = Umwandlung ) der beteiligten Muskulatur eingetreten ist sowie eine verminderter Sehnenqualität vorliegt, können entweder durch ein arthroskopisches Debridement (Reinigung) versorgt werden, wenn nur eine Verminderung der Schmerzen gewünscht wird.

Hat sich die gerissene Sehne so weit zurückgezogen, dass sie nicht mehr am Oberarmkopf fixiert werden kann und hat sich der dazugehörige Muskel zurückgebildet, so kann eine muskuläre Ersatzoperation versucht werden. Insbesondere bei jüngeren, körperlich aktiven Menschen, die auch eine Verbesserung an Kraft und aktiver Beweglichkeit wünschen, kann diese aufwändige Operation, eine Transposition ( = Verlagerung ) z.B. des Latissimus Dorsi – Muskels, sinnvoll sein.

Der Krankenhausaufenthalt beträgt für die arthroskopische oder offene Rotatorenmanschettennaht je nach erforderlicher Nachbehandlung und Schwere des Eingriffes zwischen 2 – 5 Tagen.

Im Endstadium der Defektarthropathie (endgradiger Verschleiß mit Arthrose) bleibt nur der künstliche Gelenkersatz, für den neuerdings Spezialprothesen („Inverse Schulterprothesen“, s. u.) zur Verfügung stehen.

Arthroskopische und offene Rekonstruktion der Rotatorenmanschette
Nachbehandlung

Nach einer Rotatorenmanschetten-Rekonstruktion ist eine Lagerung des Armes in einem Abspreizkissen für ca. 4-6 Wochen zu empfehlen. Bei großen, ausgedehnten Rissen, die eine Muskelversetzung (Transposition des M. Latissimus dorsi oder Pectoralis major) erfordern, wird meist ein spezieller, individuell gefertigter Kunststoffverband angelegt. Um die Heilung und Regeneration optimal zu gewährleisten, ist auch außerhalb der Klinik eine intensive, den jeweiligen Phasen angepasste Physiotherapie notwendig. Die Dauer liegt zwischen 10 und 16 Wochen, nach Muskeltransposition auch bis zu 6 Monaten. Jeder Patient erhält dafür bei der Entlassung eine klare, stadiengerechte Empfehlung in schriftlicher Form von unseren Physiotherapeuten.

Arthroskopische und offene Rekonstruktion der Rotatorenmanschette
– Arbeitsunfähigkeit

Bei Büro-, Lehr-, Management- oder ähnlicher Tätigkeit ist die Rückkehr in den Arbeitsprozess nach 3 – 6 Wochen realistisch. Patienten mit Muskeltransfer sollten eine Arbeitsunfähigkeit von ca. 2-3 Monaten einplanen. Bei Patienten mit körperlich schwerer Arbeit ist abhängig von dem jeweiligen Belastungsprofil eine Rehabilitationszeit über mehrere Monate einzuplanen. Das Führen eines Fahrzeuges sollte frühestens nach 6 Wochen erfolgen.